Wenn man es mal genau betrachtet, spielt die Farbe in den traditionellen japanischen Handwerkskünsten oft eine wichtige Rolle. Das glänzende Schwarz und erdige Rot der Lackwaren, das unergründlich tiefe Indigo-Blau von Noren (Vorhänge), der intensive Kontrast der weißen Wände und Renraku-gebrannter Kacheln in Anthrazit japanischer Schlösser, die fein abgestimmten matt-erdigen Töne einer vermeintlich einfachen Teeschale und natürlich die immense Farbenvielfalt der prächtigen Kimono-Stoffe.

Wenn man sich mit japanischer Gestaltung beschäftigt, kommt man nicht umhin, sich dem Thema Farbe intensiv zu widmen. Bereits vor zwei Jahren habe ich mir in Japan ein Buch mit dem Titel ›日本の伝統色 – その色名と色調 – The Traditional Colors of Japan‹ (nihon no dentō-shoku – sono iromei to shikichō / Traditionelle Farben Japans – Ihre Benennung und Farbtöne) vom Seigensha Verlag gekauft, weil ich fasziniert davon war.

Und noch heute bin ich so angetan von dem Thema, dass ich vor Kurzem während der Suche nach Ideen für ein mögliches Diplomthema ein weiteres Buch erstanden habe, das fast den gleichen Titel trägt (日本の伝統色 – The Traditional Colors of Japan, PIE Books Verlag), und mich noch einmal intensiver mit diesen beiden Werken beschäftigte.

Traditional Colors of Japan books PIE Books Seigensha

Sie sind auf japanisch geschrieben, alle Farbnamen sind aber mit Furigana und englischen Bezeichnungen (die sich allerdings nicht mit den japanischen decken) versehen, was das Arbeiten auch ohne ausgeprägte Japanischkenntnisse möglich macht.

Die Bücher ähneln einander inhaltlich sehr. Die Farben werden nacheinander mit Namen und Nummer versehen abgebildet, können über Register nachgeschlagen werden und sind in ergänzenden Texten ausführlich beschrieben.

Aber natürlich gibt es auch Unterschiede. Mein Erstkauf von Seigensha ist nur halb so teuer und durch seine deutlich kleinere Größe und dem dünneren Papier leichter zu handhaben. Außerdem enthält es eine Zeittafel und die Bezeichnungen des JIS (Japan Industrial Standard). Wer also ein kleines, handliches Nachschlagewerk sucht, kann sich hierfür entscheiden.

Traditional Colors of Japan book Seigensha

Dem, der aber ein Werkzeug sucht, mit dem er für die eigene Gestaltung arbeiten möchte, empfehle ich aber das Buch von PIE Books. Abgesehen von den wunderschönen, anschaulichen Fotos, 25 Farben mehr (250 statt 225) und einem alphabetischen (! japanisch nach 50-Laute-Tafel) Register, enthält es vor allem neben der Bezeichnung nach dem Munsell Farbsystem (Farbton, Sättigung, Helligkeit) auch die Farbangabe in RGB und CMYK.

Traditional Colors of Japan book PIE Books

In Japan findet man zahlreiche weitere Bücher, aber auch das Internet hat einiges zu bieten. Hier gibt es zunächst einen englischsprachigen Wikipedia-Artikel mit 225 Farben (Reihenfolge entspricht der im Buch von Seigensha) und Angabe für RGB und als Hexadeximalcode.

Deutlich umfangreicher sind diese beiden japanischen Internetseiten: Nicopon.com (466 Farben im Hexadezimalcode) [Nachtrag: Website wurde eingestellt] und ganz besonders Colordic.org mit 465 Farben mit Angaben in CMYK, RGB, Hexadezimalcode, LAB und HSB.

Traditional Colors of Japan websites

Hier bekommt man wirklich alle Informationen, die man braucht. Außerdem kann man wie oben zu sehen den Farbton in anderer Helligkeit und Sättigung sowie andere Farben in gleicher Sättigung anwählen. Und wenn man damit nicht schon glücklich genug ist, kann man unten auf der Hauptseite auch noch Farbpaletten für Photoshop herunter laden.

Eine kleinere Farbpalette für Photoshop gibt es außerdem hier: Studio Ponytail [Nachtrag: Seite nicht mehr verfügbar.]

Abschließend sei noch gesagt, dass die Farben, die auf alten Überlieferungen beruhen, nicht zwangsläufig bei allen Quellen gleich sind. Ich habe hier an dem Beispiel der Farbe 梅紫 (うめむらさき / ume murasaki / Ume*-Violett) eine Übersicht mit den Informationen der genannten Quellen gemacht. Es empfiehlt sich also, innerhalb eines Projekts nur mit einem Register zu arbeiten.

Traditional Colors of Japan comparison color Ume-Murasaki

Angaben von oben nach unten: Nummer/Position von Gesamtanzahl, Name in Kanji, in Hiragana, JIS-Bezeichnung, englischer Name / Rōmaji, Code Munsell Farbsystem, CMYK, RGB, Hexadezimalcode, Lab, HSB.

* Ume wird für gewöhnlich mit „Pflaume“ übersetzt, ist aber mehr mit der Aprikose verwandt. Die Früchte sind grün bis gelb-rötlich, die Farbe scheint sich also auf die Blüte zu beziehen. [Nachtrag: Wahrscheinlicher ist wohl, dass sich die Bezeichnung auf Ume-boshi bezieht, eingelegte Ume-Früchte, die eine violette Farbe annehmen.]

……………………

first published at www.futurefire.de on 2010.01.21
additions added on 2018.01.01