Heute musste ich mich in der Uni (UdK / Universität der Künste) eine Stunde lang wirklich am Riemen reißen, nicht laut zu jauchtzen. Grund dafür war die Diplomsprüfung meines Kommilitonen IZUMO Toshiya, der sein Buchprojekt ›Japanische Typografie‹ vorstellte. Und auch jetzt am Abend bin ich immer noch unglaublich ergriffen, so vielversprechend ist es – übrigens nicht nur in meinen Augen, sondern auch in denen des Hauptprüfers Erik Spiekermann.
Möchte man sich genauer mit japanischer Typografie befassen, wird man – beherrscht man kein Japanisch – nur an der Oberfläche kratzen können. Informationen muss man sich mühsam zusammen klauben und Fachliteratur ist unauffindbar – nicht auf Englisch und schon gar nicht auf Deutsch. Genau diese Lücke machte sich Izumo zu Nutzen und fertigte eine akribisch recherchierte Wissenschaftsarbeit.
Das Buch beginnt mit einem deutschen Teil, in dem der Leser tief in die Geschichte und die Bestandteile der Japanischen Schrift und Schriftgestaltung eintauchen kann. Ausgestattet mit diesem Wissensschatz kann man im zweiten Hauptteil die einzelnen typografischen Aspekte und Regeln auf deutsch und japanisch detailliert betrachten. Mit treffender, leserlicher Schreibweise und exzellenten Grafiken vermag es die Arbeit einem ein perfektes Arbeitswerkzeug in die Hand zu geben, um selbst in der japanischen Typografie tätig zu werden.
Und nicht nur inhaltlich sondern auch gestalterisch ist „Japanische Typografie“ ausgezeichnet. Das Designkonzept entwickelte der Autor und Gestalter um die von ihm festgesteckte Zielgruppe und das japanische ästhetische Idel „Iki“ (粋 / いき). Iki zu erklären fällt mir schwer, da ich es bisher nur ansatzweise verstanden habe (definitiv ein Thema, mit dem ich mich näher beschäftigen sollte!). Sehr grob gesehen bezeichnet Iki eine schlichte, aber edle und elegante Ästhetik. Sein Gegensatz „Yabo“ (野暮 / やぼ) beschreibt etwas Unkultiviertes, Primitives, manchmal sogar Vulgäres. Wie so oft steht man hier also einem Begriff gegenüber, der sich nicht ohne Weiteres in der deutschen Sprache greifen lässt. Izumo bezieht sich zum Beispiel auf Iki indem er für seine Umschlaggestaltung die typische Farbkombination Grau – Indigo-Blau – dunkles Braun verwendet. Ebenso feinsinnig verfuhr er mit der Auswahl aller weiteren Gestaltungselementen wie der Wahl des Papiers und der Schriften, dem Kombinieren der diversen Satzarten und der geschickten Verwendung erklärender Grafiken und Satzbeispielen.
Ich habe die Informationen, die ich erfassen konnte, die Haptik und die Atmosphäre des Buch begierig aufgesaugt und konnte es nur schwer wieder aus den Händen legen. Und obwohl man in der Klasse um meine Japanliebe weiß, wird wohl kaum jemand verstanden haben, wie sehr ich mich bereits nach der Eröffnung des Themas danach gesehnt habe, dieses Buch lesen zu können, das für mich und meinen Durst nach japanischem Typowissen gemacht zu sein scheint! Ich hoffe und bin überzeugt, dass die Kräfte, die nun an der Veröffentlichung arbeiten, es ermöglichen werden, dass wir dieses inspirierende Diplom, das für mich Maßstäbe setzte, auch außerhalb der Universität zu Gesicht bekommen werden! Ich drücke dafür Toshiya und allen Interessierten die Daumen!
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first published at www.futurefire.de on 2010.05.17