Das Sommersemester 2011, das nun seinem Ende entgegen geht, hätte ich eigentlich in Japan verbringen sollen. Angesichts des großen Erdbebens und dessen schwerwiegenden Folgen wird mein Auslandsaufenthalt nun erst Ende August beginnen. Seit März prangt die rote Sonne über meinem Blog, und wird es für diesen Monat weiterhin tun – als Zeichen der Verbundenheit, aber auch aus wieder aufkommender Vorfreude, meine zweite Heimat bald wieder zu sehen.
Das Muster, das ich dazu verwendet habe, basiert auf einer Färbetechnik. Bei der Batik (jap. 絞染 / Shiborizome oder 絞 / Shibori) werden Stoffe vor dem Färben so präpariert, dass die Farbe nicht alle Bereiche erreichen kann. Je nach Technik entstehen unterschiedliche Formen. Man kann Falten, Besticken (縫締絞 / Nuishime-shibori) und Abbinden (鹿の子絞 / Kanoko-shibori / Rehkitz-Batik, bezieht sich auf deren Fellflecken).
Von einer Vielzahl unterschiedlichster Muster sind hier drei Kanoko-Techniken zu sehen. Die Kreise links, die an ein Spinnennetz erinnern, nennt man Kumo (蜘蛛 / Spinne), die rechts Tsuki-dashi (突き出し / im Sumō das Herausstoßen aus dem Ring).
Batiken gibt es in nahezu allen Regionen der Welt, nach Japan kam es – wie sollte es anders sein – aus China. Die meines Wissens nach typisch japanischen, eckigen Kreise, die ich für meinen Header verwendet habe, heißen 匹田 / Hitta – das erste Kanji ist ein Zählwort für Tiere und Stoffrollen, das zweite bedeute ›Reisfeld‹. Daneben liegt der gleiche Stoff mit dem im Juni vorgestellten Segaiha.
Anlass, mich näher mit Shibori-Mustern zu beschäftigen, bot mein Semesterprojekt, bzw. die Formen, die ich dabei entwickelt habe. Zusammen mit Anna Cairns habe ich in der Klasse ›Entwerfen Visuelle Systeme‹ bei David Skopec (kognito gestaltung) ein Projekt über den Umgang mit Zeit in den Sprachen der Welt umgesetzt. Wir konzentrierten uns dabei für die bessere Vergleichbarkeit auf den Tempus als grammatikalische Kategorie zum Ausdruck von Zeit. Basierend auf der gleichen Schematik haben wir zwei unterschiedliche Zeichensysteme entwickelt. In meiner Umsetzung sieht Japanisch dann so aus:
In der japanischen Sprache gibt es wie man unschwer erkennen kann nur zwei Tempora. Die eine, hier in Blau dargestellt, ist die Vergangenheit (過去 / Kako). Die Nicht-Vergangenheit (非過去 / Hikako) wird sowohl für Gegenwärtiges (Rot) als auch Zukünftiges (Gelb) genutzt und ist daher Orange. Die weißen Quadrate im Vergangenheits-Tempus stehen für eine Eigenschaft dieser Zeitform. Sie ist perfektiv, das heißt, die beschriebene Handlung ist abgeschlossen. Ein Beispiel wäre der Satz:「春で桜は咲きました。」(Haru de sakura-wa sakimashita. / Im Frühling blühten die Kirschbäume.)
Die einzelnen Zeichen beschreiben also die Merkmale der Zeitformen und geben nebeneinander gestellt eine Auskunft über das Tempus-System einer Sprache.
Ein Thema umzusetzen, für das man sich wirklich interessiert, wirkt sich immer positiv aus. Die Gruppenarbeit war sehr intensiv und mit unseren beiden alternativen Entwürfen sind wir, die wir beide Fremdsprachen lieben, sehr zufrieden.
Unsere Hefte werden zusammen mit den Arbeiten aller anderen Studenten und Fachrichtungen während des UdK Rundgangs vom 15. bis 17. Juli ausgestellt. Ich möchte euch dazu gerne herzlich einladen! Unser Räume befinden sich in der Grunewaldstraße 2-5, 10823 Berlin im 2. Stock mit den Nummern 203 / 204.
Quellen:
1) shiborizome (JAANUS, 2011.07.12)
2) Techniques (World Shibori Network, 2011.07.12)
3) narablog (2011.07.12)
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first published at www.futurefire.de on 2011.07.12
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