Ich war heute im Berliner Bauhaus-Archiv in einer Ausstellung mit dem Namen „Katachi – Die leise Form aus Japan“ über japanisches Produktdesign. Katachi (形 / かたち) bedeutet so viel wie Form / Gestalt / Figur, bezieht sich dabei aber nicht nur das äußere Erscheinen, sondern auch auf dessen Sinn. Wer sich mit japanischer Sprache befasst hat, wird festgestellt haben, dass viele Worte bestimmte Nuancen beinhalten, die sich nicht ohne weiteres ins Deutsche oder Englische übertragen lassen. Verbleiben wir also zunächst einmal dabei, Katachi mit Form zu übersetzen.
Die Ausstellung befasst sich mit modernem japanischem Produktdesign, das auf traditionelle Gestaltung Bezug nimmt. Sie zeigt sowohl Exponate traditionellen Handwerks wie Essstäbchen, Fächer oder Papiere, als auch moderne Gegenstände, die alte Gestaltungslehre in modern umsetzen. Die Sammlung ist 2007 bereits im Museum für angewandte Kunst Frankfurt gezeigt worden. Wenn man nach dem Katalog geht, der nun auch hier in Berlin verkauft wird, beinhaltete sie dort auch diverse hier nicht gezeigte elektronische Geräte. Aber auch ohne diesen Teil kann man zahlreiche interessante Stücke betrachten, die einen Besuch wert sind.
Das Essgeschirr links ist nicht, wie man im ersten Moment denken könnte, aus Plastik sondern in traditioneller Lackarbeit (漆 / うるし / Urushi) gefertigt. Das Set, das es in typischen Rot oder Schwarz gibt, umfasst mehrere, unterschiedlich verwendbare Schüsseln und Schälchen, die man alle in der größten Schale zusammenstellen kann. Ich habe längere Zeit gedacht, das Design wäre modern, ganz im Gegenteil ist es aber seit einigen Jahrhunderten in Gebrauch. Vor allem von buddhistischen Mönchen, für die das Geschirr mehrere Funktionen besitzt. Sie essen daraus, die große Schale wird aber auch dafür verwendet, um Spenden zu bitten. Das Geschirr besitzt also nicht nur eine schöne, schlichte Form, sondern ist auch sehr funktionell. Und ich denke, das ist es, was Katachi bedeutet – die ästhetische Form die erst durch ihren Zweck vollständig bedeutsam ist.
Bei dem Gegenstand rechts handelt es sich um einen Keramikbehälter mit dem Namen ›Super Fashion Pink‹. Seine Farbe und auch seine Form sind eindeutig nicht traditionell japanisch, beziehen sich aber durchaus auf die alte Gestaltungslehre von reduzierten Schlichtheit. So könnte das Pink noch bei weitem greller sein – so wie es zum Beispiel auf dem Cover abgebildet ist.
Der Katalog ist wie bereits erwähnt noch von der Ausstellung in Frankfurt. Seine Gestaltung ist nicht so ganz mein Fall, was vor allem auf der unpassende Covergestaltung und die merkwürdige Schriftwahl begründet ist. Allerdings ist er sehr ausführlich und beinhaltet viele sehr schöne Stücke. Ich vermisse allein eine Reihe von Essstäbchen, deren Nebeneinanderliegen mir in der Ausstellung besonders gefallen haben.
Insgesamt ist die Ausstellung relativ klein, aber sehr fein. Sie ist noch bis zum zweiten Mai diesen Jahres geöffnet. Der Eintritt kostet für Studenten 4 Euro, man kann sich dafür aber auch das Bauhaus Archiv ansehen, wenn man möchte. Auf art-in-tv.de gibt es ein kurzes Video mit kleinen Einblicken in die Ausstellung und einem Interview mit der Direktorin des Bauhaus-Archives. »(…) seit ungefähr der zweiten Hälfte der 90er Jahre (…) merkt man das sich Rückbesinnen auf die Traditionen, was nicht ein zurück gucken und Verharren in der Tradition bedeutet, sondern ein wirkliches Weiterarbeiten an der Essenz (…).«
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first published at www.futurefire.de on 2010.03.22