Auf Konfuzius geht der Spruch zurück »Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst niemals in deinem Leben zu arbeiten.« Eine ›Arbeit‹, in der man sich wohl fühlt, ist also ein großes Glück. Dies scheinen auch die Studenten der Musabi (武蔵野美術大学 / Musashino Bijutsu-daigaku / Musashino Kunst Universität, kurz ムサビ / Musabi) so zu sehen. Ich höre immer wieder, dass die schönsten Zeiten die seien, in denen man so richtig viel zu tun hat. Für das Studium sind sie gar bereit, ihr Privatleben zurück zu stellen, sie gehen voll und ganz im Studium auf. Dies ist natürlich nur eine Facette, die selbstverständlich mit Vorsicht zu genießen ist. Aber das Studieren, das kreative Werkeln, die Ergebnisse getaner Arbeit in den Händen, all dies macht glücklich.

Auch zu Neujahr geht es um Glück, auch hier in Japan, wo das Jahr wie bei uns im Westen am ersten Januar beginnt, obwohl man sich auch am chinesischen Mondkalender orientiert, wonach 2012 das Jahr des Drachen ist. Dem Glück, in der Fakultät Visuelle Gestaltung zu studieren, ist es übrigens auch zu verdanken, dass ich (nach ein paar wunderschönen, freien Weihnachts- und Neujahrstagen) bis gestern in Projekte eingespannt war, wodurch der Januar-Header mit dazugehörigem Artikel nicht mehr ganz pünktlich erscheint. Man möge mir verzeihen.

Futurefire Header Dragon Ishimatsu

Zu dieser in Japan so wichtigen Begebenheit kehre ich nun zurück zu der Serie japanischer Muster und zu der hier für Glück stehenden Farbkombination weiß und rot, die viel zu Neujahr, aber auch zu anderen besonderen Gelegenheiten wie einer Hochzeit oder der Geburt eines Kindes verwendet wird.

New Year’s Tenugui

Auch dieses Neujahrs-Tenugui der von mir so hoch geschätzten Firma KYO-TO-TO verwendet diese Farbkombination in Form des 市松 / Ichimatsu, das nach dem dieses Schachmuster als Hose tragenden Kabuki-Schauspielers 佐野川市松 / Sanokawa Ichimatsu (1722-62) benannte Muster. Andere Bezeichnungen dafür sind 石畳 / Ichidatami (Steinpflaster) bzw. 石畳文 / Ichidatami-mon (Steinpflaster-Muster) und 団七 / Danshichi (die Kanji bedeuten ›Mannschaft‹ und ›sieben‹) sowie 元禄文様 / Genroku-mon’yō (Genroku ist eine Ära (1688–1704) der Edo-Periode (1603–1886), Mon’you bedeutet schlichtweg Muster) und 元禄格子 / Genroku-koushi (Genroku-Gitter) aus der Meiji-Zeit. Es war besonders in der Edo-Periode unter Aristokraten und Kriegern sehr populär und wurde auf Stoffen und Lackwaren, aber auch bei der Gestaltung von Gärten und Inneneinrichtungen verwendet. Ein Beispiel dafür sind die blau-weißen Wände und Shōji (障子 / Papier-Schiebetüren) der kaiserlichen Villa Katsura in Kyōto.

Dieses Tenugui zeigt mit dem 宝尽くし / Takara-zukushi aber auch ein weiteres Glücksmotiv, das zu Naujahr gerne verwendet wird – eine Sammlung von Schätzen. Von oben links habe ich folgende Einzelschätze recherchieren können: Die sieben Schätze (Gold, Silber, Lapislazuli, Kristall, Riesenvenusmuschel, Korallen und Achat), die Schlüssel zum göttlichen Schatz, das Gewicht, die Schatztasche, Schatz-Schriftrollen, ein Kommando-Fächer, ?, der Tarnumhang, Gewürznelken, der magische Hammer, ein japanisch gebundenes Buch, ?, ein Tarnhut aus Bambus und ein Edelstein, aus dem Flammen schlagen.

New Year’s Tenugui

Dieses Fünftel-Tenugui (ebenfalls von KYO-TO-TO), in dem Bonbons eingeschlagen sind, enthält neben dem Ichimatsu nur zwei einfache Fuji-Stickereien.

Oshougatsu Bento

Das Neujahr ist voller traditioneller Motive und Traditionen, was sich auch am wichtigen Neujahrsessen, dem so genannten おせち料理 / Osechi-ryōri erkennen lässt, das ich diesen Monat sogar zwei mal genießen durfte. Hier zu sehen ist es zubereitet worden von einer Tee-Meisterin zum 初釜 / Hatsugama, der ersten Teezeremonie im neuen Jahr, zu der ich die große Ehre hatte von der Mutter eines Kommilitonen mitgenommen zu werden. Jeder Bestandteil hat eine bestimmte Bedeutung, wie zum Beispiel die 黒豆 / Kuro-mame, schwarze Bohnen – まめ / Mame bedeutet auch Gesundheit und soll eben diese für das neue Jahr versprechen. Hier findet man auch die Farben Weiß und Rot (also eigentlich Rosa, aber da kann man ja ein Auge zudrücken) in Form von 蒲鉾 / Kamaboko wieder.

Kamaboko

Kamaboko ist gedämpfte Fischpastete (hier zu sehen von der aus Hakone stammenden Firma 鈴廣かまぼこ / Suzuhiro Kamaboko), eine Art von すり身 / Surimi (bei uns nur aus Krebsfleisch oder Krebsimitat bekannt). Es ist für den deutschen Gaumen ein wenig gewöhnungsbedürftig, da wir etwas mit Fischgeschmack in dieser Form nicht kennen, aber unglaublich lecker.

Neujahr ist in Japan immer ein besonderes Erlebnis. Man merkt, wie wichtig diese Zeit ist. Ich vergleiche es gerne mit unserem Weihnachten, da ebenfalls überall typische Dekoration hängt (wenn auch nicht so lange) und über die Feiertage viele Läden geschlossen haben. An ihren verschlossenen Türen hängen dann Poster, die den Kunden mit Sprüchen wie 謹賀新年 / Kinga-shinnen oder 賀正 / Gashō bzw. Gasei (alles bedeutet ›Ein glückliches neues Jahr!‹) alles Gute wünschen. Diese Auswahl an Plakaten ist in Kōenji, einem Wohnbezirk im Westen Tōkyōs, aufgenommen.

Japanese New Year’s Poster

Dabei wird natürlich wie auch bei aufgestelltem Neujahresschmuck auf zahlreiche typische Motive zurück gegriffen wie schräg geschnittener Bambus, Kohl, Kiefernzweige und Pflaumenblüten, die bereits den Frühling ankündigen, und immer wieder natürlich auch zu sehen: Der Drache.

Japanese New Year’s Poster

Die meisten Läden nutzen dabei Plakate von Firmen wie Kirin, Sapporo und Asahi, die ihnen diese als Werbematerial zur Verfügung stellen, einige wenige jedoch schreiben sie noch per Hand (siehe oben rechts).

Japanese New Year’s Poster

Quellen:

1) ichimatsu (JAANUS, 2012.01.26)
2) Ichimatsu and Ishidatami Patterns (Chuebe, 2012.01.26) [Nachtrag: Seite nicht mehr verfügbar.]

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first published at www.futurefire.de on 2012.01.26